Donnerstag, 11. Juni 2020:Textimpuls von Monsignore Bernhard Auel
Der heilige Augustinus ruft in einer Predigt den Gläubigen zu: „Wenn ihr der Leib Christi seid, wird das Sakrament, das ihr selber seid, auf den Tisch des Herrn gelegt; ihr empfangt das Sakrament, das ihr selber seid. Ihr antwortet auf das, was ihr empfangt, mit »Amen«, und ihr unterzeichnet es, indem ihr darauf antwortet. Du hörst das Wort »Der Leib Christi«, und du antwortest »Amen«. Sei also ein Glied Christi, damit dein Amen wahr sei!”
Jeder und jede von uns wird einen ganz persönlichen Zugang zu diesem Geheimnis des Glaubens gehen dürfen. Für mich ist der Kelch, der oben auf dem Foto zu sehen ist, ein besonderes Zeichen, das mich diesen Bund und darin die Eucharistie tiefer erleben und verstehen hilft. 1960 war in München ein eucharistischer Weltkongress. Mit meinem Vater und meinen Brüdern durfte ich damals dabei sein. Papst Johannes XXIII war anlässlich dieses Welttreffens ein wunderbarer Kelch geschenkt worden, eben dieser Kelch. Der Papst schenkte ihn seinem Sekretär Don Loris Capovilla und dieser schenkte ihn meinem im vorigen Jahr in Nazareth verstorbenen Freund Paolo von den Kleinen Brüdern der Comunità Jesus Caritas zur Priesterweihe. Mit diesem Kelch durfte ich schon einige Male zelebrieren. Ich empfand eine tiefe Verbundenheit mit dem heiligen Johannes XXIII und der ganzen Kirche und so mit Jesus Christus, mit dem, der mit seinem Blut uns mit Gott verbindet im Blut des neuen Bundes, dessen Gegenwart wir feiern dürfen immer wieder an diesem Fronleichnamsfest und in jeder Eucharistiefeier. Gerade in diesen Tagen empfinden wir dies oft auch sehr schmerzlich, weil die gemeinsame Feier nur erschwert möglich ist.
„Seid, was ihr seht - Leib Christi, und empfangt, was ihr seid - Leib Christi! Wenn du also den Leib Christi verstehen willst, höre den Apostel, der den Gläubigen sagt: »Ihr aber seid der Leib Christi und seine Glieder« (1 Kor 12,27)“. Der heilige Augustinus verstand unter »Leib Christi« primär die Kirche, die als Glieder dieses Leibes zusammen mit dem Christus als Haupt den »ganzen Christus« bildet. Bei einer eucharistischen Feier empfängt die Kirche auch sich selbst; sie wird mitverwandelt in den »Leib Christi«.
In einer Predigt sagt Augustinus: „Die Eucharistie ist somit unser tägliches Brot. Allerdings ist sie es nur, wenn wir sie auch mit dem Geist, und nicht nur mit dem Magen empfangen. Die wunderbare Kraft, die darunter verstanden wird, ist die Einheit, dass wir, zu seinem Leib gemacht und so seine Glieder geworden, das sind, was wir empfangen. Dann erst wird es wahrhaft unser tägliches Brot sein“.
Wenn wir in diesem Jahr nun Fronleichnam anders feiern als sonst, bedenken wir gerade das, was der heilige Augustinus mit seinen Predigten den Menschen damals ans Herz legte. Einer der wohl besten Kenner seiner Texte, P. Cornelius Mayer OSA, nennt seine Predigt eine »Perle der christlichen Verkündigung«. Augustinus veranschauliche die zentrale Bedeutung der eucharistischen Feier für die Kirche, die sich ihrem Wesen nach darin als Leib Christi versteht und darstellt.
Es geht daher an diesem Fest nicht zuerst um ein Ritual, z. B. die Prozession. Wichtiger ist, dass wir miteinander Kirche sind, die den Glauben teilt, konkret z. B. in Solidarität mit den Hungernden. „Gebt ihr ihnen zu essen“ so sagt es jedenfalls Jesus den Seinen (Mt. 14,16).