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Dienstag, 05. Mai 2020:Textimpuls von Monsignore Bernhard Auel

Als Christen auf dem Weg
Tagesimpuls 5.5. Msgr. Auel
Datum:
5. Mai 2020
Von:
Monsignore Bernhard Auel

War noch vor wenigen Monaten das Thema Flüchtlinge beherrschendes Thema zwischen den verschiedenen Nationen, so ist dieses Thema durch die Pandemie weit in den Hintergrund geraten. Zu Recht hat der Papst daran erinnert, dass wir die Flüchtlinge gerade jetzt nicht vergessen dürfen. Wie schwer tun sich die Länder Europas, ja auch unsere Regierung, zum Beispiel wenigstens die Kinder aus dem Flüchtlingslager auf Lesbos herauszuholen.

 

Die heutige Lesung aus der Apostelgeschichte (11,19-26) lenkt unseren Blick in den Nahen Osten, wo seit Jahren Krieg ist, Menschen auf der Flucht sind. Schon zu Zeiten der ersten Christen war das so, wie wir dort lesen: „In jenen Tagen kamen bei der Verfolgung, die wegen Stephanus entstanden war, die Versprengten bis nach Phönizien, Zypern und Antiochia; doch verkündeten sie das Wort nur den Juden. Einige aber von ihnen, die aus Zypern und Zyrene stammten, verkündeten, als sie nach Antiochia kamen, auch den Griechen das Evangelium von Jesus, dem Herrn“.

 

Der letzte Satz in der heutigen Lesung (Vers 26) bringt mich dazu, dem einmal nachzugehen. Da hieß es: „In Antiochia nannte man die Jünger zum ersten Mal Christen.” Die Kommentare gehen kaum auf diesen Vers ein. Es sei nicht geklärt, von wem diese Bezeichnung ausgehe, von Außenstehenden oder von den Gläubigen selbst. Der Name aber wurde zum Symbol, zum Ausdruck des Glaubens, dass allein in Christus Jesus das Heil der Menschen liegt. Er ist der Weg. Schon zuvor waren sie in der Apostelgeschichte „Anhänger des neuen Weges“ genannt worden (9,2). Das Bild, das ich vor einigen Jahren in der Steiermark aufgenommen habe, mag dafürstehen.

 

In einem kleinen Buch des großen Theologen Hans Urs von Balthasar formuliert er eine unmissverständliche Glaubensaussage, er fragt: „Wer ist ein Christ?“ Und er betont: „Um einer Antwort entgegen zu schreiten, muss man sich nicht am untern und äußern Rand herumtreiben (»einer, der getauft ist, einer der seine Osterpflicht erfüllt, usf.«), sondern direkt auf die Mitte zugehen. „Christ nennt sich von Christus. Sein Wesen steht und fällt mit dem Wesen Christi.“

 

Eigentlich ist dies schon Antwort genug. Vor einigen Jahren bekam ich ein kleines Buch geschenkt, das Dietrich Bonhoeffer 1940 geschrieben hat, in einer Zeit, wo Christen oft unter Gefahr für Leib und Leben herausgefordert waren. Bonhoeffer selbst wurde vor genau 75 Jahren, am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg umgebracht. In seinem Buch mit dem Titel „Gemeinsames Leben“ führt er aus: „Christliche Gemeinschaft heißt Gemeinschaft durch Jesus Christus und in Jesus Christus. Es gibt keine christliche Gemeinschaft, die mehr und keine, die weniger wäre als dieses. … Wir gehören einander allein durch und in Jesus Christus.“ Was er schreibt, kann uns auch heute helfen, unser Christsein verantwortlich und gut zu leben. Er betont, ich zitiere ihn noch einmal: „Christ ist der Mensch, der sein Heil, seine Rettung, seine Gerechtigkeit nicht mehr bei sich selbst sucht, sondern bei Jesus Christus allein. … Der Christ lebt nicht mehr aus sich selbst, … er lebt ganz aus Gottes Wort über ihn. … Tod und Leben des Christen liegen nicht in ihm selbst beschlossen, sondern er findet beides allein in dem Wort, das von außen auf ihn zukommt, in Gottes Wort an ihn. … Ohne Christus kennten wir Gott nicht, könnten wir ihn nicht anrufen, nicht zu ihm kommen.“

Beten wir, dass wir uns zu Recht in diesem Sinn Christen nennen dürfen. Wenn wir das aus dieser besonderen Zeit als Gewinn mitnehmen, sind wir auf einem guten Weg, denn Jesus selbst sagt es: „Ich bin der Weg“ (Joh 14,6).