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Textimpuls von Monsignore Bernhard Auel

Es ist zum Weinen
Impuls Msgr. Auel 14.4.
Datum:
14. Apr. 2020
Von:
Monsignore Bernhard Auel

Liebe Schwestern, liebe Brüder, wir begegnen heute der Maria von Magdala. Zu den Orten, die man heutzutage im Heiligen Land besuchen kann, gehört auch Magdala. Eine Synagoge ist dort ausgegraben; in einer modernen Kirche wird an die Frauen, die Jesus begleitet haben, erinnert. Die bekannteste von ihnen ist eben die Maria von Magdala. Als die Apostolin der Apostel wird sie verehrt. Das beigefügte Bild konnte ich vor zwei Jahren in Magdala aufnehmen.

 

Es mag als unangebracht empfunden werden, am Osterfest vom Weinen zu reden. Doch das Weinen ist dem Osterfest weder fern noch fremd. In diesem Jahr können wir das sehr gut verstehen, konnten wir doch nicht an diesem wichtigsten aller Feste am Gottesdienst in großer Gemeinschaft teilnehmen. Es ist wirklich zum Weinen, werden viele sagen.

Viermal wird im Evangelium (Johannes 20, 11-18) das Weinen ausdrücklich erwähnt: Maria von Magdala steht vor dem Grab Jesu und weint. „Frau, warum weinst du?“, fragt der Auferstandene, den Maria von Magdala nicht erkennt.  Sie weint um Jesus, der ihr Ein und Alles gewesen ist, den sie nun aber im Tod verloren hat und dessen Leichnam zudem noch verschwunden ist. „Sag mir, wohin du ihn gelegt hast“ bittet sie den vermeintlichen Gärtner, in dem sie Jesus noch nicht erkennen kann. Zusammen mit dem Leichnam Jesu hat sie ihre ganze Hoffnung begraben müssen. Maria weint, weil ihr mit dem Tod Jesu jede Zukunft entzogen worden ist. Sie möchte wenigstens sein Grab besuchen, ihm noch einmal nahe sein, wie die Angehörigen, die beim Begräbnis sich am Sarg eines ihrer Lieben zur Verabschiedung treffen. An solch einem Tag da dürfen wir doch weinen.

So schaut auch uns die Frau im Osterevangelium an und weckt auch in uns die Frage: Haben auch wir schon einmal darüber geweint, dass wir Jesus verloren haben? Wie tief würde uns sein Verlust berühren?

Liebe Schwestern und Brüder, Johannes zeigt uns in seinem Evangelium, wie Maria von Magdala allmählich zur Erkenntnis Jesu gelangt, wie sie den Herrn leidenschaftlich liebt, nach Zeichen sucht. Die Augen gehen ihr erst auf, als Jesus sie anspricht und sie bei ihrem Namen nennt: „Maria!“ Jesus sagt nur dieses eine Wort: „Maria!“. Da erkennt sie ihn, grüßt ihn: „Rabbuni“ – das heißt übersetzt: Meister. Genau hier und genau so ereignet sich Ostern. Maria sucht den Lebenden bei den Toten und macht die Erfahrung, dass der Lebende sie jenseits der Todesgrenze, nämlich von der Zukunft Gottes her, beim Namen ruft. Erinnern wir uns, was der Prophet Jesaja im Namen Gottes dem Volk in der Verbannung verkündet hatte: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir. Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen. Denn ich, der Herr, bin dein Gott, ich der Heilige Israels, bin dein Retter“.

Machen wir uns mit Maria von Magdala, mit allen Zeugen des Glaubens in der ganzen Geschichte Gottes mit uns Menschen auf den Weg, suchen wir den Herrn. Lassen wir uns finden, gerufen werden. Ja, persönlich beim Namen gerufen zu werden, darin besteht das größte Geschenk, dass der Osterglaube uns macht und uns damit die schönste Zukunft eröffnet. Im Glauben, darum wissen zu dürfen, einen unverwechselbaren Namen zu tragen, der darum bei der Taufe ausdrücklich genannt wird, damit auch wir vom Auferstandenen wie Maria von Magdala beim Namen gerufen werden, in diesem Glauben können und dürfen wir auch in diesem Jahr Ostern feiern und beten mit einem Gebet, das Bischof Bruno Forte aufgeschrieben hat:

 

„Herr Jesus,

Du hast vom Vater

den Geist des neuen Lebens empfangen,

damit auch wir in Dir,

der du aus Liebe zu uns gestorben bist,

die Kraft des Trösters empfangen

und in dir lebendig werden.

Die Begegnung mit Dir, dem Auferstandenen,

hat das Herz und das Leben

der ersten Zeugen

unseres Glaubens verwandelt:

Hilf, dass auch wir

Dir in dieser Weise begegnen

und uns von der Verkündigung und dem Geschenk

Deines Mysteriums der Auferstehung

und des Lebens im Geist

erreichen und verwandeln lassen.

Komm, Herr Jesus!“