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Kritik an Synodalforum:Picken fordert von Synode einen redlichen Dialog

Reaktionen einzelner Mitglieder des Forums I auf die Kritik an der Diskussionskultur des Forums ist laut Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken die "Bestätigung der fehlenden Debattenkultur". Stadtdechant stellt „selektive Wahrnehmung und Ausgrenzung“ fest. Synode brauche Beteiligung der Basis.
Datum:
7. Sep. 2021
Von:
Ayla Jacob

„Eine Bestätigung für die fehlende Debattenkultur“, nennt Bonns Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken die Reaktionen einzelner Mitglieder des Forums I auf die Kritik an der Diskussionskultur des Forums und die erste inhaltliche Erwiderung auf den Alternativtext „Vollmacht und Verantwortung“.

Den Autoren des Textes „Vollmacht und Verantwortung“ Populismus vorzuwerfen, sei grotesk. Hier setze sich eine Methode der Ausgrenzung traurig fort. Der Vorwurf, man habe die Möglichkeiten zur Diskussion im Forum nicht hinreichend genutzt, verdrehe wissentlich die Faktenlage, so Bonns Stadtdechant weiter. Er selbst habe zwei mehrseitige theologische Erwiderungen im Oktober 2020 und Januar 2021 zu den theologischen Grundlagen vorgelegt. Sie seien weder in die Tagesordnung aufgenommen noch diskutiert worden. Auch fänden sich die eingereichten Texte weder im Protokoll, noch seien sie bis heute öffentlich zugänglich. Gleiche Erfahrungen hätten die drei anderen Autoren des Alternativtextes gemacht. Man habe sich mehrfach in den Forumssitzungen inhaltlich zu Wort gemeldet und auch gegen das Vorgehen protestiert. „Das zu verschweigen, ist mehr als unredlich“, sagt Picken. Darüber hinaus habe man die Kritik bereits in Buchbeiträgen, Kommentaren und Beiträgen geäußert. Auch das sei übergangen worden.

Picken: "Wenig Bereitschaft, sich mit alternativen Überlegungen auseinanderzusetzen"

Die Autoren des Textes hätten sich schließlich zu Beginn des Jahres entschieden, einen Alternativtext zu erarbeiten und sich an der Ausarbeitung von Texten des Forums nicht weiter zu beteiligen. „Wo man den Andersdenkenden übergeht und eine vermeintliche Minderheit ausblendet, verletzt man die Prinzipien gelungener Kommunikation und angemessener Partizipation“, so Picken. Man verursache dadurch entweder das Schweigen des Kritikers oder zwinge ihn, sich andere Wege zu suchen. So sei die Verfassung und Veröffentlichung eines Alternativtextes auf einer eigenen Homepage die zu erwartende Konsequenz gewesen. Picken hat zudem seit heute seine beiden schriftlichen Stellungnahmen auf der Homepage des Stadtdekanates veröffentlicht.

Auch in der ersten inhaltlichen Reaktion auf den Alternativtext sieht Bonns Stadtdechant eine Bestätigung dafür, wie wenig man bereit sei, sich sachlich mit alternativen Überlegungen auseinanderzusetzen. Das betreffe den Text „Vollmacht und Verantwortung“ gleichermaßen wie auch die Erwiderungen der Kardinäle Kasper und Koch, die zu ähnlich kritischen Bewertungen des vorliegenden Textes des Forums gekommen seien. Auch der im vergangenen Jahr von Papst Franziskus approbierte Text über die verpflichtende Bindung einer gemeindlichen Leitung an das priesterliche Amt sei weitgehend ignoriert worden. „Man schweigt Kritik und Einwände tot, oder aber man arbeitet mit haltlosen Unterstellungen gegen die Kritiker“, so Stadtdechant Picken. Die Autoren in das reaktionäre Lager abzuschieben oder als Vertreter eines alten Systems zu diffamieren, sei nicht akzeptabel. Ebenso werde eine inhaltliche Erwiderung, die den Text „Vollmacht und Verantwortung“ selektiv zitiert oder den Autoren Aussagen unterstellt, die sich im Dokument nicht finden, den Ansprüchen eines redlichen Diskurses nicht gerecht. So schreibe Prof. Söding beispielswiese: „Dem Grundtext des Forums wird denunziatorisch vorgeworfen, nicht mehr katholisch zu sein, weil angeblich das Weiheamt ausgehöhlt werde.“ Der Alternativtext zitiere aber den Grundtext von Forum I an keiner Stelle und werfe ihm folglich auch direkt nichts vor. Auch behaupte Söding, der Text leugne mit Blick auf die Missbrauchsthematik systemische Ursachen im Raum der Kirche. Das Gegenteil sei der Fall, allerdings ziehe der Alternativtext andere Konsequenzen aus dieser Feststellung.

Alternativtexte weisen Wege auf, wie der Machtmissbrauch in der Kirche eingegrenzt werden kann

Dr. Picken betont erneut, dass die von den Autoren des Alternativtextes vorgelegten Reformvorschläge alles andere als „Make-up“ an der Fassade der Kirche seien. Viele der Vorschläge wiesen Wege auf, wie man Machtmissbrauch in der Kirche wirkungsvoll eingrenzen könne. Zudem sei die Reformagenda aus der bestehenden Lehre der Kirche abgeleitet und deshalb sofort umsetzbar. „Wir wären ein großes Stück im Kampf gegen Machtmissbrauch weiter und hätten viel Glaubwürdigkeit zurückgewonnen, wenn unsere Reformvorschläge vollständig umgesetzt wären“, so Bonns Stadtdechant. Der Text des Forums I hingegen beruhe auf theologischen Hypothesen, die spätestens bei einer Prüfung durch Rom kollabieren dürften. Das aber riskiere wichtige Reformbemühungen und werde ein hohes Maß an Frustration und Enttäuschung in der Deutschen Kirche auslösen, so Picken. Selbst eine Spaltung sei nicht ausgeschlossen: „Wer so weit über das Ziel hinausschießt, muss auch die Folgen verantworten.“

Stadtdechant Dr. Picken fordert im Interesse einer guten und ehrlichen Diskussionskultur dazu auf, dass man sich im Forum I und der Vollversammlung des Synodalen Weges mit dem Alternativtext „Vollmacht und Verantwortung“ auseinandersetzt. Jetzt sei Integration und Diskurs statt Durchmarsch verlangt. Die Autoren hätten ihr Dokument mit der Veröffentlichung auf der Homepage www.synodale-beiträge.de auch allen Mitgliedern des Forums zukommen lassen. Nun sei es an der Synode zu zeigen, dass sie die Kontroverse nicht scheut und den Widerspruch zulässt. Am Ende sei es gerade die Konkurrenz der Meinungen, die zu guten Ergebnissen führe. Auch solle man wertschätzen und fördern, dass sich Plattformen und Diskussionskreise jenseits der festgelegten Struktur des synodalen Weges an der Debatte beteiligen, statt dem mit Angst und Empörung zu begegnen. Nur so erreiche man Partizipation und Aufmerksamkeit. Am Ende dürfe nicht zählen, wo Kritik, Anregungen und Alternativen entstünden, sondern ob sie inhaltlich überzeugten. Entsprechend müsse die Synode dringend ermöglichen, dass sich auch Katholiken an der Debatte beteiligen können, die nicht Mitglied der Synode sind. „Die Synode läuft sonst Gefahr, ein Konzil der Delegierten zu werden und die Rückbindung an die Basis zu verlieren“, so Picken.