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Corona Krise:Pfarrer Bernd Kemmerling

Pfarrer Bernd Kemmmerling
Datum:
28. März 2020
Von:
Pfarrer Bernd Kemmerling

Liebe Mitchristen,

in diesen Zeiten der Coronakrise ist vieles ansonsten Selbstverständliche  nicht mehr möglich, dafür wird anderes auf einmal möglich. Werden wir dafür aufmerksam. So nahm ich vor ein paar Tagen erschrocken ein Gefühl in mir wahr, dass mir bisher ganz fremd war. Der Blick auf die momentan sprießende und treibende Natur, dazu das schöne Wetter, weckten in mir Gefühle einer eigenartigen  Eifersucht. Ich dachte mir: Ach, die Schöpfung hat es gut. Sie ist so leicht und unbeschwert   im bunten und freien Spiel der ihr innewohnenden Lebenskraft  aus sich heraus zu gehen und zu sprießen. Wir Menschen aber sind nun dazu verdammt „drinnen“ zu bleiben – Abstand zu wahren, uns zurück zu halten, und alles drängen nach draußen, auf den anderen zu, den wir ja jetzt gerade so dringend bräuchten oder der uns braucht, zu bremsen.  Zu Recht ist unsere Bewegungsfreiheit aus Solidarität zum Schutz der anderen und unserer selbst notwendigerweise eingeschränkt. Drinnen bleiben lautet die Devise. Im Prozess der Anfreundung mit diesem Gedanken, wurde ich dann tröstlich daran erinnert: Bäume und Sträucher können nur deshalb heute so aus sich herausgehen, weil sie im Herbst ganz in sich gegangen sind und alle Lebenskraft im Innersten konzentriert haben. Auch wir Menschen brauchen Zeiten, in denen wir zu uns selbst kommen können, in uns gehen, damit wir dann auch im dem stecken, was aus uns heraus kommt, was von uns aus geht. Vielleicht kann ja da, wo unsere äußere Bewegungsfreiheit besonders eingeschränkt ist, in uns selbst, in Herz und Gedanke in Bewegung kommen, was uns hilft zu erkennen, wovon und wofür wir im Grunde leben.  Zum gelingenden Leben braucht es immer eine gesunde Ausgewogenheit von introvertierten und extrovertierten Momenten. Das erlebte auch Jesus selbst: ihn drängte es zu den Menschen und zugleich verspürte er auch immer wieder den Wunsch, sich im Gebet zurück zu ziehen. Dieser Jesus wird nur dann wirklich überzeugend durch unsere Blicke, Worte und Hände aus uns herausgehen, wenn wir auch immer wieder verinnerlichen, dass er und sein Geist der Liebe in uns steckt. Verkosten wir gemeinsam die Zeitfenster, die sich uns vielleicht auftun zum Gebet und Nachdenken, wie auch zum dankbaren aber nicht eifersüchtigen Staunen über die aufbrechende Schöpfung. Dann kommen wir grundlegend anders aus der Koronakrise heraus, als wie wir hinein gegangen sind. Und das könnte heilsam sein für uns, für andere und auch unsere Schöpfung. 

Bernd Kemmerling, Pfr.