Zum Inhalt springen

Corona Krise:Monsignore Bernhard Auel

Mgsr. Auel
Datum:
24. März 2020
Von:
Monsignore Bernhard Auel

Lesung aus dem Buch Ezechiel (47, 1-9.12)

Liebe Schwestern, liebe Brüder, nun ist schon der Dienstag der 4. Fastenwoche. Da wir schon über eine Woche nicht mehr zum Gottesdienst zusammenkommen können, sind vielleicht die Texte der Liturgie dieser Tage eine Orientierungshilfe. Wer Zugang zum Internet hat, kann sie täglich über die Seite erzabtei-beuron.de/schott//schott_anz/index.html finden und lesen. Heute ist die Lesung dem Buch Ezechiel entnommen.

 

Lesung aus dem Buch Ezechiel (47, 1-9.12)

 

Der Mann, der mich begleitete, führte mich zum Eingang des Tempels zurück, und ich sah, wie unter der Tempelschwelle Wasser hervorströmte und nach Osten floss; denn die vordere Seite des Tempels schaute nach Osten. Das Wasser floss unterhalb der rechten Seite des Tempels herab, südlich vom Altar. Dann führte er mich durch das Nordtor hinaus und ließ mich außen herum zum äußeren Osttor gehen. Und ich sah das Wasser an der Südseite hervorrieseln. Der Mann ging nach Osten hinaus, mit der Messschnur in der Hand, maß tausend Ellen ab und ließ mich durch das Wasser gehen; das Wasser reichte mir bis an die Knöchel. Dann maß er wieder tausend Ellen ab und ließ mich durch das Wasser gehen; das Wasser reichte mir bis zu den Knien. Darauf maß er wieder tausend Ellen ab und ließ mich hindurchgehen; das Wasser ging mir bis an die Hüften. Und er maß noch einmal tausend Ellen ab. Da war es ein Fluss, den ich nicht mehr durchschreiten konnte; denn das Wasser war tief, ein Wasser, durch das man schwimmen musste, ein Fluss, den man nicht mehr durchschreiten konnte. Dann fragte er mich: Hast du es gesehen, Menschensohn? Darauf führte er mich zurück, am Ufer des Flusses entlang. Als ich zurückging, sah ich an beiden Ufern des Flusses sehr viele Bäume. Er sagte zu mir: Dieses Wasser fließt in den östlichen Bezirk, es strömt in die Araba hinab und läuft in das Meer, in das Meer mit dem salzigen Wasser. So wird das salzige Wasser gesund. Wohin der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können, und sehr viele Fische wird es geben. Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden die Fluten gesund; wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben. An beiden Ufern des Flusses wachsen alle Arten von Obstbäumen. Ihr Laub wird nicht welken, und sie werden nie ohne Frucht sein. Jeden Monat tragen sie frische Früchte; denn das Wasser des Flusses kommt aus dem Heiligtum. Die Früchte werden als Speise und die Blätter als Heilmittel dienen.

 

Impuls

 

In einer der wenigen positiven Nachrichten in diesen Tagen wird betont, dass die Versorgung mit Trinkwasser aus der Wahnbachtalsperre gesichert sei. Daran muss ich heute unwillkürlich denken. Vom Lebenselement Wasser spricht der Prophet Ezechiel, dessen Ausführungen wir in der Lesung dieses Tages lesen. Ezechiel schildert eine Vision: Der Prophet schaut den vom Tempel ausgehenden Leben spendenden Quell, der dem Tempel, Gottes Thron, entspringt. Schon nach etwa zwei Kilometern wird er zum Strom, den man nur schwimmend durchqueren kann. Er erfährt, dass dieser Strom selbst die salzigen Wasser des Toten Meeres verwandelt. Er wendet sich um und sieht Bäume an den Ufern des Flusses. Wunderbare Bäume, die immer Frucht tragen und dem Menschen Nahrung und Gesundheit garantieren. Diese Wandlung geht vom Tempel, von Gott aus. Wenn an anderer Stelle Propheten davon reden, dass Völker, Könige und Fürsten zum Tempelberg kommen und das Beste ihrer Habe als Gabe bringen, so geht die Bewegung dieses Bildes in umgekehrter Richtung: vom Tempelberg, von Gott her kommen die Gaben zu den Menschen. Der Lebensstrom, der vom Tempel ausgeht, ist ein Bild für die Umwandlung der Welt, die von Gott her geschieht, damit der Mensch in dem Heil lebt, von dem er bisher nur in Bildern reden kann.

 

Vor einigen Jahren konnte ich im Urlaub in Irpinien (Süditalien) den Pfarrer in Caposele besuchen. Daran muss ich heute denken. Im November 1980 war seine Gemeinde bei einem verheerenden Erdbeben zerstört worden. Die Kirche lag am Boden. 28 Jahre musste die Gemeinde warten, bis endlich eine neue Kirche gebaut und geweiht werden konnte. Mich hat diese Kirche beeindruckt, in ihrer Gestaltung ist geradezu bildhaft ausgedrückt, was die Vision des Ezechiel beschreibt. Der Ort Caposele ist geprägt durch die Quelle des Flusses Sele. Zu Recht und voller Stolz hat mir der Pfarrer, Don Vincenzo, seine Kirche gezeigt und erklärt. Vom Kreuz und vom Altar geht ein Strom aus hinein in die Gemeinde. Vom Altar, von der Eucharistie geht gewissermaßen alles aus. Gerade weil wir in diesen Tagen nicht zur Eucharistiefeier zusammenkommen dürfen, ist es umso wichtiger, dies nicht zu vergessen, sich vielmehr geistlich mit dem Herrn zu verbinden.

Zwei Aspekte möchte ich dazu noch nennen. Oft braucht es lange Zeit der Entbehrung, bis Neues entsteht. Darum ist Ausdauer, Geduld und Zuversicht angezeigt. Don Vincenzo hat mir eindrucksvoll erzählt, wie schwer dies für ihn und seine Gemeinde über lange Zeit, ja viele Jahre war. Und im Bild der Quelle guten Wassers sehe ich einen Hinweis darauf, dass wir von Gott Gutes erhoffen dürfen. Erinnern wir uns, was Jesus der Frau am Jakobsbrunnen gesagt hat - wir hörten es am 3. Fastensonntag : „Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt“. Weil wir an menschliche Grenzen stoßen, brauchen wir umso mehr die Verbindung zu Gott, der uns seinen Beistand und Segen verspricht.