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Synodaler Weg:Kasper befürwortet Alternativtext „Vollmacht und Verantwortung“

In einem Vortrag stellt sich der emeritierte Kurienkardinal hinter die Verfasser
Datum:
22. Sep. 2021
Von:
Ayla Jacob

Wie soll sich Kirche in der modernen Welt aufstellen? Und wohin führt ihr Weg? Dies waren zwei Fragen, auf die Kardinal Walter Kasper Antworten suchte – in seinem Vortrag „Mit Petrus Canisius zwischen den Zeiten. Erneuerung aus dem Ursprung als Erinnerung an die Zukunft“, den er im Bistum Augsburg gehalten hat. Denn, so der emeritierte Kurienkardinal, aktuell befinde sich die Kirche in einer Krise. Öffentlich tonangebend seien die Extreme, „was fehlt, ist die Stimme einer breiten Mitte“. Dieser aber gelte es, mehr Gehör zu verschaffen.

Kardinal: Offizieller Text basiert auf teils unhaltbaren Hypothesen

In diesem Kontext kam Kardinal Kaspar auch auf die beiden Texte zu sprechen, die zum Synodalforum „Macht und Partizipation“ vorgelegt worden sind. Der offizielle Text „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“ versuche, die Kirche „mit Hilfe eines gelehrten theologischen Theoriegebäudes gewissermaßen neu zu erfinden“. In dem Papier stehe viel Richtiges, aber auch viel Hypothetisches. Manche Aussagen wichen deutlich vom Konzil ab und würden die Frage aufwerfen, ob sie noch katholisch seien.

Vollständig anders sei der Text „Vollmacht und Verantwortung“ zu bewerten, der auf der Homepage www.synodale-beitraege.de veröffentlicht wurde. Zum Autorenkreis gehört neben drei weiteren Synodenteilnehmern auch der Bonner Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken. Dieser Text, so hebt Kardinal Kasper ausdrücklich hervor, „stellt sich klar auf den Boden des Konzils, der uns allen gemeinsam sein sollte“. Er erkenne die offenen Fragen an, die das Konzil hinterlassen habe, und suche, auf dem Boden des Konzils dessen Weg weiterzugehen. „Dabei kann er zeigen: Man muss gar nicht alles auf den Kopf stellen. Auf dem Boden des Konzils kann man im Geist des Konzils über das Konzil hinausgehen, ohne mit der Kirchenlehre in Konflikt zu geraten.“ Dies sei der Weg der lebendigen Tradition, „der Weg der Kirche“. Der Alternativtext verstehe die Tradition nicht als „abschreckendes Bollwerk, sondern als Einladung, sich auf den Weg der Kirche zu machen und sich dabei auch von neuen Einsichten überraschen zu lassen“.

Die Einordnung des römischen Kardinals und Theologen unterstützt die Autoren des Alternativtextes. „Kardinal Kasper stellt sich eindeutig hinter den Text „Vollmacht und Verantwortung. Er erklärt, dass der Alternativtext klar die bestehenden Probleme benennt, theologisch solide im Sinne des Konzils und der Lehre argumentiert und realisierbare und wirkungsvolle Reformschritte vorschlägt“, kommentiert der Bonner Stadtdechant. Auch mache der Kardinal deutlich, „dass es sich beim Alternativtext um das Ergebnis vermittelnder Theologie handelt. Damit wäre der reflexartige und etwas plumpe Versuch mancher Kritiker, die Autoren in die reaktionäre Ecke abzuschieben, eindrucksvoll durchkreuzt.“ Darüber hinaus bestätigten die Aussagen des Kardinals die Verfasser des Alternativtextes in ihrer Auffassung, „dass der offizielle Forumstext zu Teilen auf unhaltbaren theologischen Hypothesen aufruht und weltkirchlich scheitern dürfte“. Empörung und Frustration darüber wären also programmiert. Das zu provozieren, wirke unverantwortlich und gefährde nötige Reformen, führt Dr. Picken weiter aus. 

Blockade: Synodalforum verweigert Diskussion über Alternativtext

Als besonders bedeutsam bezeichnet der Bonner Stadtdechant auch die grundsätzlichen Aussagen des Kardinals zur erforderlichen Diskussionskultur in einem synodalen Prozess. „Kardinal Kasper hebt hervor, wie wichtig auf dem synodalen Weg das Ringen um solche Lösungen ist, die möglichst alle mittragen können“, so Picken. „Er unterstützt damit unsere Forderung nach einer offenen und kontroversen Debatte.“ Leider aber werde das von den Verantwortlichen im synodalen Weg nicht beherzigt. „Zu unserem Entsetzen wurde die Bitte eines Mitglieds, im Forum über den Alternativtext sprechen zu dürfen, von den Vorsitzenden abgelehnt. Das heißt, der offene Dialog und die Partizipation werden blockiert.“ Das sei ein Armutszeugnis für ein Synodalforum, das Umgang mit Macht, Gewaltenteilung und Demokratisierung in der Kirche zum Thema habe. Erneut müssten die Autoren des Alternativtextes die Erfahrung machen, dass vorsortiert und ausgegrenzt werde. „Das widerspricht dem Sinn der Synodalität und dem, was Kardinal Kasper ausführt und der Papst für den weltweiten synodalen Prozess wünscht.“