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Brauchtum:Großer Martinszug findet nicht statt

Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken bedauert Absage zutiefst. Unerwartetes Entgegenkommen der Stadt auf öffentlichen Druck kommt zu spät
Datum:
10. Okt. 2021
Von:
Ayla Jacob

„Die Zusage der Oberbürgermeisterin, dass die verschärften Coronaregeln nicht für die Martinszüge zur Anwendung kommen werden, kommt zu spät“, sagt Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken. Katja Döner hatte am Freitagnachmittag in einer Pressemitteilung erklären lassen, dass sie zusätzlichen Coronamaßnahmen der Stadt Bonn für die Martinszüge aufgehoben seien. „Es ist mehr als ärgerlich, dass die Stadtverwaltung erst die Absage aller Martinszüge in Bonn provoziert und viele Kinder und Familien enttäuscht, um dann plötzlich auf öffentlichen Druck diese Entscheidung zu korrigieren. So fühlen sich die vielen Organisatoren der Martinszüge nicht ernstgenommen. Auch entsteht bei den Bürgerinnen und Bürgern der schlechte Eindruck, die Coronaauflagen der Stadt seien willkürlich“, äußert Bonns Stadtdechant.

„Für den großen Martinszug in der Stadt war der Beginn der Herbstferien der letztmögliche Stichtag für eine Absage.“ Nach der Rückkehr aus den Ferien blieben nur wenige Tage bis zum Martinszug. Dieser Zeitraum sei für die Koordination der vielen Gruppen und die Organisation nicht ausreichend. Also gebe es leider keinen Weg mehr zurück. „Nachdem die Mitteilung der Oberbürgermeisterin am Freitagnachmittag bekannt gegeben wurde, können wir nicht einmal mehr mit den Schulen Kontakt aufnehmen und Rücksprache halten“, bedauert Picken. Hinzu komme, dass fast alle Schulen und Kindergärten – die meisten von ihnen befinden sich in städtischer Trägerschaft – ihre Teilnahme am diesjährigen Martinszug bereits definitiv abgesagt hatten. Sie hätten sich nicht in der Lage gesehen, für ihre Gruppen die Auflagen der Stadt umzusetzen. Entsprechend hätten diese jetzt für ihre Einrichtungen alternative Formate entwickelt. „Das freut uns sehr“, sagt Picken. So werde die Tradition trotz widriger Umstände weitergeführt. „Genauso froh sind wir darüber, dass wir durch die Entsendung unseres St. Martins ein Stück dazu beitragen können.“ Dieser besucht Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen, das Angebot der Münsterpfarrei wird rege genutzt.

„Ein Martinszug dieser Größenordnung ist eine riesiges logistisches Projekt, das eine intensive Kooperation aller Beteiligten voraussetzt. Jetzt fehlt die Zeit, um noch auf den plötzlichen Meinungswechsel im Rathaus zu reagieren. Der große Martinszug wird also ausfallen und die Stadtverwaltung trägt dafür die alleinige Verantwortung“, so Stadtdechant Picken.

Man sei über das Vorgehen der städtischen Verwaltung mehr als enttäuscht. Die Entscheidung der Stadt treffe gerade Kinder und Familien, die in der Pandemie besonders belastet gewesen seien. „Wir hatten gehofft, dass die Stadt Bonn alles daransetzen würde, der jungen Generation die traditionelle Feier des Heiligen Martin wieder zu ermöglichen.“ Stattdessen habe man in der Stadt Bonn einfach hingenommen, dass es wegen der städtischen Coronaauflagen in den vergangenen Wochen zu vielen Absagen von kleinerer Martinszüge in den Stadtteilen gekommen sei. Auch mehrere Anfragen des Stadtdekanates seien wirkungslos geblieben. Die Stadt Bonn habe alle Signale ignoriert und kein Bemühen gezeigt, eine Lösung zu finden. „Man hat in der Verwaltung der Stadt Bonn die Martinszüge vor die Wand fahren lassen. Das ist – um es gelinde zu sagen – ein echtes Trauerspiel“, so Picken abschließend.