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Trauer um profilierte Bonner Katholikin:Bundesministerin a. D. Prof. Dr. Ursula Lehr gestorben: Streiterin für die Würde des Alters

Die Bonner Professorin verstarb nach kurzer Krankheit in den Morgenstunden des 25. April im Alter von 91 Jahren
Datum:
25. Apr. 2022
Von:
Stefan Schultz

Das Stadtdekanat Bonn trauert um Prof. Dr. Ursula Lehr. Die Bonner Professorin und ehemalige Bundesministerin verstarb nach kurzer Krankheit in den Morgenstunden des 25. April im Alter von 91 Jahren in Bonn.

 „Frau Lehr war eine herausragende Bonner Persönlichkeit und eine engagierte Katholikin. Ihr Tod ist ein Verlust für die Wissenschaft, für unsere Stadt und unsere Kirche“, äußert Bonns Stadtdechant, Dr. Wolfgang Picken, zu ihrem Tod. Die herausragende Psychologin und Forscherin auf dem Gebiet der Gerontologie sei eine leidenschaftliche Streiterin für die Würde des Alters und zudem eine Pionierin der Frauen- und Familienpolitik gewesen, so Dr. Picken weiter. Für viele sei die Leidenschaft und Eigenständigkeit, mit der sie bis ins hohe Alter und bis noch wenige Wochen vor ihrem Tod sich am wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Dialog beteiligt habe, vorbildlich und beeindruckend gewesen. Frau Lehr sei tief in ihrem katholischen Glauben verwurzelt gewesen und habe ihr vielfältiges, politisches Engagement als Ausdruck ihrer christlichen Verantwortung verstanden. „Für Frau Lehr waren die Werte einer christlichen Kultur Basis und Maßstab für ihr Handeln. Sie verstand sich darauf, diese Grundlagen in besonderer Weise mit den Fragen und Herausforderungen der modernen Gesellschaft in Verbindung zu bringen. Persönlichkeiten wie sie sind selten geworden. Umso mehr werden wir sie vermissen“, sagt Bonns Stadtdechant weiter. Als Gesprächspartnerin habe sie starken Eindruck hinterlassen, weil sie sehr präsent und schnell im Denken war. Frau Lehr schöpfte aus reichem Erfahrungsschatz und Wissen. Zugleich sei sie ihrem Gegenüber immer mit ausgesprochener Herzlichkeit und starker Empathie begegnet, so Bonns Stadtdechant weiter. Dabei habe sie immer wenig Aufhebens um sich selbst gemacht und viel Humor bewiesen.

Besonders engagiert sei Prof. Lehr gegen jede Form der Altersdiskriminierung in Erscheinung getreten. So habe sie beispielsweise die Verwendung des Begriffs „Überalterung der Gesellschaft“ als diskriminierend abgelehnt und stattdessen von einer „Unterjüngung“ gesprochen. „Sie war überall in Deutschland eine gefragte Wissenschaftlerin und anerkannte Politikerin und zugleich behielt sie großes Interesse an den sozialen Verhältnissen und Beziehungen vor Ort“, erklärt Dr. Picken weiter. So war sie seit Gründung der Bürgerstiftung Rheinviertel in Bad Godesberg Mitglied in deren Kuratorium und begleitete insbesondere die Arbeit ihrer Hospizinitiativen. Auch gab die den Anstoß für den ambulanten Demenzdienst, den die Stiftung seit drei Jahren unterhält.

Die Katholische Kirche in Bonn werde ihr ein ehrendes Andenken bewahren und spreche den Angehörigen ihr tiefes Mitempfinden aus.

Prof. Ursula Lehr, geb. 1930 in Frankfurt am Main, war unter Bundeskanzler Helmut Kohl von 1988 bis 1991 Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. In diesem Amt trat sie die Nachfolge von Prof. Rita Süßmuth an, die zur Präsidentin des Deutschen Bundestages gewählt wurde. Von 1990 bis 1994 war sie vier Jahre Mitglied des Deutschen Bundestages.

1972 wurde Lehr Professorin für Pädagogik und Pädagogische Psychologie an der Universität Köln – 1975 folgte sie dem Ruf der Universität Bonn und im Jahr 1986 folgte der Wechsel an die Universität Heidelberg. Dort leitete sie den ersten deutschen Lehrstuhl für Gerontologie, der wissenschaftlichen Alternskunde. Im Jahr 1998 wurde Lehr von der Uni Heidelberg emeritiert. Der Alternsforschung blieb sie auch in den Folgejahren treu.