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Info-Banner hängen am Bauzaun der Münsterbasilika:Bonner Stadtdechant unterstützt Kampagne „Vorfahrt-Vernunft“

Gemeinsamer Pressetermin mit Stefan Hagen, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg
Datum:
31. Aug. 2023
Von:
Redaktion

Bonns Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken unterstützt die von mehreren regionalen Wirtschaftsorganisationen initiierte Verkehrskampagne „Vorfahrt Vernunft“. Dies bekräftigte er am Donnerstag, 31. August 2023,  bei einem gemeinsamen Fototermin vor der Münsterbasilika mit Stefan Hagen, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg und einer der Vertreter des Bündnisses.  Dort werben in den kommenden Wochen zwei Info-Banner für die Kampagne. 

„Wir wollen als Stadtdekanat den Wunsch nach Debatte und Dialog über die Konkretisierungen der Verkehrswende unterstützen. Es ist wichtig, dass sich Bürger und Bürgerinnen zu diesem Thema äußern. Nur so kann das Optimale für die Umwelt erreicht werden und bleiben andere Interessen nicht auf der Strecke“, so Dr. Picken.

IHK-Präsident Stefan Hagen als Vertreter des Bündnisses der regionalen Wirtschaftsorganisationen zur Initiative des Stadtdekanats Bonn: Wir freuen uns sehr, dass der Stadtdechant sich für den Dialog über die Ziele der Verkehrskampagne einsetzt“, sagte Hagen. „Seine Initiative zeigt, dass die Grundidee der Kampagne – ein Eintreten für eine Verkehrswende, aber durchdacht, mit Vernunft und Augenmaß auf Akzeptanz stößt.“

„Vorfahrt Vernunft“ ist ein Bündnis der Wirtschaftsorganisationen IHK Bonn/Rhein-Sieg, Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg, Handwerkskammer zu Köln, Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg, Einzelhandelsverband Bonn Rhein-Sieg Euskirchen und city-marketing Bonn. Das Bündnis setzt sich dafür ein, dass Wirtschaftsverkehre in der Region Bonn/Rhein-Sieg zukünftig schnell und effizient fließen können und die Erreichbarkeit von Geschäften, Kunden, Gewerbestandorten und Büros gewährleistet wird. „Wir wollen durch vernünftige und konstruktive Vorschläge erreichen, dass weniger Staus entstehen, Baustellen besser koordiniert und Liefer- und Ladezonen ausgeweitet werden“, fasst Hagen nochmals die konkreten Ziele der Kampagne zusammen. „Dabei setzen wir ausdrücklich auf Dialog und Kooperation.“

Um die Notwendigkeit einer vernünftigen Verkehrswende zu unterstreichen sind Stadtdechant Dr. Picken vier Thesen wichtig:

1. Die von der Kampagne geforderte „Vernünftige Verkehrswende“ ist ein Gebot der Stunde.

Zu einer Verkehrswende gibt es im Interesse des Umweltschutzes keine Alternative. Bei der Umsetzung muss es aber zu einem angemessenen Ausgleich der Interessen kommen. In Bonn braucht es seit langem Investitionen in die Ressource „Mensch“, in Bildung und soziale Förderung. Der Zustand in den Kindertagesstätten, Schulen und der Jugendsozialarbeit ist besorgniserregend. Das Angebot bezahlbaren Wohnraums ist unzureichend. Die aktuelle Überlegung, in Offenen Ganztagsgrundschulen die Betreuungszeiten zu verringern, setzt Familien und Alleinerziehende massiv unter Druck. Eine Verkehrswende darf die soziale Verantwortung nicht ausblenden und muss sich an den finanziellen Realitäten der Stadt orientieren. Es scheint deshalb nicht verantwortbar, die Verkehrswende unbeeindruckt davon mit den geplanten Kosten „durchzudrücken“. Man sollte sie in Phasen unterteilen und gestreckt auf mehrere Jahre umsetzen, damit hinreichend Finanzmittel übrigbleiben, um das zu tun, was in Bonn sozial dringend notwendig ist.

Die Verkehrsführung und die vielen Staus in der Stadt zeigen jetzt bereits direkte Folgen für die soziale Infrastruktur. Sie führen beispielsweise wegen extrem hoher Fahrzeiten bei Pflegediensten zu einer Reduktion an Patienten. Weil es bereits eine Unterversorgung an häuslicher Pflege gibt, bedeutet das: Viele Kranke und Hilfsbedürftige bleiben unversorgt. Für viele Menschen mit Beeinträchtigungen, die nicht auf den Nahverkehr oder ein Lastenfahrrad zurückgreifen können, wird die Autofahrt zum Arzt oder ins Krankenhaus zu einer ernstzunehmenden Belastung. Die Verkehrswende ist nicht inklusiv angelegt.

Das Gebot der Stunde ist eine „sozial verträgliche Verkehrswende“.

2. Die gegenwärtigen Maßnahmen der Verkehrswende belasten Wirtschaft und Handel in der Stadt und schädigen das Image von Bonn.

Es lässt sich beobachten, dass immer mehr Geschäfte in der Innenstadt schließen. Der Anlieferverkehr nach Bonn erhöht bereits vielfach die Lieferkosten, weil die Anfahrten zu zeitintensiv sind. Diese Folgen können Wirtschaft und Handel nicht ausgleichen. 

Die Attraktivität Bonns als Tourismus- oder Ausflugsziel lässt wahrnehmbar nach. Wir stellen fest, dass inzwischen Touristengruppen vermeiden, Bonn anzufahren, weil die Anfahrt zu kompliziert ist und zu viel Zeit kostet.

Wichtig ist eine „intelligente Verkehrswende“, die den Wirtschafts- und Tourismusstandort Bonn nicht gefährdet.

3. Eine radikale und ideologische Verkehrswende nimmt die Bonner Bügerinnen und Bürger nicht mit.

Auch wenn die Regierungskoalition im Rat der Stadt eine Mehrheit hat, dürfte eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung die konkreten Maßnahmen der Verkehrswende ablehnen. Die Ratskoalition sollte in demokratischer Gesinnung den Bürgerwillen berücksichtigen. Anderenfalls wird sich die Stadtgesellschaft weiter polarisieren und könnten die extremen Kräfte gestärkt werden.

Die Verkehrswende muss politisch klug und umsichtig umgesetzt werden, damit Polarisierung, Radikalisierung und Politikverdrossenheit nicht weiter gefördert werden.

4. Die Verkehrswende braucht als ersten Schritt eine Veränderung der Infrastruktur in Bonn.

Erst nach einer deutlichen Veränderung der Infrastruktur kann man die Stadt immer mehr für den Autoverkehr schließen. Das bedeutet konkret: Zuerst muss ein bürgernahes Parksystem geschaffen werden. Dann braucht es einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs beispielsweise durch eine höhere Taktung. Auch müssen die Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr attraktiver gestaltet werden.

Schließlich muss konzeptionell überlegt werden, wie Hilfs- und Rettungs- und soziale Dienste zukünftig möglichst „ungehindert“ sich im Innenstadtverkehr bewegen können.

Eine „Verkehrswende mit Vernunft“ sollte mit Infrastrukturmaßnahmen beginnen.