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Synodaler Weg:Stadtdechant: "Präsidium muss frei von Verantwortung für Missbrauch sein"

Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken fordert eine klare Distanzierung des „Synodalen Wegs“ vom Missbrauch in der Kirche. „Ausgangspunkt des synodalen Weges war die Missbrauchsstudie. Statement bei Domradio.de
Datum:
7. Feb. 2021
Von:
Ayla Jacob

Stadtdechant Dr. Wolfgang Picken fordert eine klare Distanzierung des „Synodalen Wegs“ vom Missbrauch in der Kirche. „Ausgangspunkt des synodalen Weges war die Missbrauchsstudie. Ziel des Dialogprozesses ist es, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen und Strukturen in der Kirche aufzubrechen, die Missbrauch an Kindern und Jugendlichen begünstigen“, sagt das Mitglied des Synodalen Wegs. „Entsprechend ist es unumgänglich, dass der „Synodale Weg“ sich klar vom Missbrauch distanziert.“ Zwar sei mit der Erklärung des Präsidiums vom 4. Februar, in der konsequentes Vorgehen gegen sexuellen Missbrauch und Gewalt in der Kirche gefordert wird, ein erster Schritt getan. Allerdings müsse man durchgängig konsequent sein. Es sei auszuschließen, „dass für den „Synodalen Weg“ Personen leitend im Präsidium und in den Foren tätig werden, denen erhebliche Versäumnisse bei der Aufarbeitung des Missbrauchs und Vertuschung vorgeworfen oder nachgewiesen wird“. Das sei man nicht zuletzt den Opfern von Missbrauch schuldig.

Welche Konsequenzen die betreffenden Bischöfe in ihrer jeweiligen Diözese ziehen, dazu könne der „Synodale Weg“ eine Meinung haben, entscheiden müssten das aber die Bischöfe selbst, so auch Kardinal Woelki für das Erzubistum Köln, so Picken. „Wer aber Verantwortung für den Synodalen Prozess trägt, muss um der Glaubwürdigkeit dieses Prozesses willen frei von jeder Beteiligung sein. Deshalb habe ich die Erwartung, dass sich der „Synodale Weg“ hier eindeutig positioniert“, so der Stadtdechant weiter. Frau Dr. Claudia Lücking-Michel, stellvertretende Vorsitzende des ZdK und Präsidiumsmitglied des „Synodalen Wegs“, habe in einem Fernsehinterview richtig darauf hingewiesen, dass jeder, der für den Missbrauch Verantwortung trage, diese Verantwortung auch übernehmen müsse. Deshalb sei es absolut notwendig, dass gleiches ausnahmslos auch für das Präsidium des synodalen Weges gelte. 

Dr. Picken spielt damit unter anderem auf den Essener Bischof Franz-Josef Overbeck an. Er ist Vorsitzender des Synodalforums „Macht und Partizipation“ und Präsidiumsmitglied des „Synodalen Wegs“. Bischof Overbeck hat gegenüber eingeräumt, einem gravierenden Missbrauchsfall nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt und den Einsatz eines mehrfach strafrechtlich verurteilen Missbrauchstäters in seiner Diözese nicht verhindert zu haben. Auch mit Blick auf Bischof Franz-Josef Bode ergeben sich Fragen. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Mitglied des Synodalpräsidiums. Bischof Bode hatte bereits Ende 2018 im Fall eines Priesters Fehler eingeräumt, der jahrzehntelang Kinder sexuell missbraucht haben soll. 1995 hatte er ihn aufgrund damals noch nicht beweisbarer Gerüchte in den Ruhestand versetzt. Trotz anderslautender Auflagen war er dennoch aber weiter in der Jugendarbeit tätig. Bode hatte jüngst zudem angekündigt, dass auch seine Amtszeit Teil der Aufarbeitung im Bistum Osnabrück sein werde.

 

Der „Synodale Weg“ hat ein Demokratie- und Partizipationsdefizit

 

Stadtdechant Dr. Picken übt darüber hinaus Kritik am „Synodalen Weg“. Es gibt ein erhebliches Defizit an Demokratie und Partizipation. Sowohl in der Synodalversammlung als auch in den Foren der Synode besitzen absurderweise alle, die nicht der Deutschen Bischofskonferenz oder dem ZdK angehören, kein passives Wahlrecht. Das heißt, mehr als die Hälfte aller Mitglieder der Synode sind von Leitungsaufgaben ausgeschlossen und in ihren Beteiligungsrechten beschnitten.“ Damit sorgten ZdK und Bischofskonferenz dafür, dass man in wichtigen Beratungs- und Entscheidungsprozessen des Präsidiums unter sich bleibe. Im Forum „Macht und Partizipation“, dem Bonns Stadtdechant angehört, habe das zu der skurrilen Situation geführt, dass man sich vor der konstituierenden Sitzung bereits in ZdK und Bischofskonferenz auf zwei Kandidaten für den Vorsitz verständigt habe. „Wir mussten zuerst feststellen, dass die Mehrheit der Mitglieder des Forums nicht kandidieren konnte, weil sie nicht dem ZdK oder der DBK angehört. Schließlich bestand die Wahl darin, dass wir als Mitglieder keine Wahl hatten. Dieser Vorgang war in dem Forum, das sich der Demokratisierung und der Partizipation widmen soll, ein Musterbeispiel für ein Defizit an Demokratie und für eine Angst vor Kontroll- und Machtverlust“, so Picken weiter.

 

Diskussionen im „Synodalen Weg“ zu wenig kontrovers und gründlich 

 

Problematisch bewertet Bonns Stadtdechant auch die Ausgewogenheit des Dialogs im „Synodalen Weg“. „Ich kann verstehen, dass vielen der Reformstau Druck macht. Aber wir kommen nach meinem Eindruck verfrüht zu richtungsweisenden Ergebnissen und Voten.  Kontroverse theologische Fragen werden übergangen und Voten, die im Widerspruch zur geltenden Lehrmeinung stehen, werden mir angesichts ihrer Bedeutung zu schwach begründet auf den Weg gebracht“, sagt Picken. Hier werde erkennbar, dass die Foren nicht ausgewogen genug besetzt seien. Deren personelle Zusammenstellung sei leider im Wesentlichen ohne Beteiligung der Vollversammlung erfolgt. Es sei aber für den Prozess entscheidend, die Kontroverse zu suchen und zu fördern. Nur so fände man zu redlichen Abwägungen und könne die Akzeptanz der Ergebnisse erreichen. „Auch wenn wir denken, es sei zu den meisten Themen schon alles gesagt: Es geht im „Synodalen Weg“ am Ende nicht ohne theologische Grundsatzdebatten. Man kann Grundfragen der Dogmatik wie zum Offenbarungs- und Kirchenverständnis nicht in wenigen Minuten diskutieren und zu Resultaten führen“, erläutert Picken beispielhaft mit Blick auf die Beratungen im Forum 1.

 

Papst und Weltkirche am „Synodalen Weg“ beteiligen

 

Auch betont Stadtdechant Picken, es sei dringend geboten, frühzeitig den Dialog mit der Weltkirche und dem Papst zu suchen, wenn Reforminteressen nur auf dieser Ebene weiterentwickelt und verändert werden können. „Was helfen uns am Ende detaillierte Ideen aus Deutschland, wenn sie weltkirchlich auf Ablehnung stoßen“, so Picken. Auch würden frühzeitige Gespräche dieser Art ermöglichen, dass man Verantwortungsträger in der Weltkirche in Reformprozesse mitnimmt und Offenheit erzeugt.